SINKOPHON






Die Texte zu Schönbergs Quartett II


Litanei
Tief ist die trauer
die mich umdüstert,
Ein tret ich wieder
Herr! in dein haus

Lang war die reise,
matt sind die glieder,
Leer sind die schreine,
voll nur die qual.

Durstende zunge
darbt nach dem weine.
Hart war gestritten,
starr ist mein arm.

Gönne die ruhe
schwankenden schritten,
Hungrigem gaume
bröckle dein brot!

Schwach ist mein atem
rufend dem trauma,
Hohl sind die hände,
fiebernd der mund

Leih deine kühle,
lösche die brände,
Tilge das hoffen,
sende das licht!

Gluten im herzen
lodern noch offen,
Innerst im grunde
wacht noch ein schrei

Töte das sehnen,
schliesse die wunde!
Nimm mir die liebe,
gieb mir dein glück!


Entrückung
Ich fühle luft von anderem planeten.
Mir blassen durch das dunkel die gesichter
Die freundlich eben noch sich zu mir drehten.

Und bäum und wege die ich liebte fahlen
Dass ich sie kaum mehr kenne und du lichter
Geliebter schatten - rufer meiner qualen -

Bist nun erloschen ganz in tiefern gluten
Um nach dem taumel streitenden getobes
Mit einem frommen schauer anzumuten.

Ich löse mich in tönen, kreisend, webend,
Ungründigen danks und unbenamten lobes
Dem grossen atem wunschlos mich ergebend.

Mich überfährt ein ungestümes wehen
Im rausch der weihe wo inbrünstige schreie
In staub geworfner beterinnen flehen:

Dann seh ich wie sich duftige nebel lüpfen
In einer sonnerfüllten klaren freie
Die nur umfängt auf fernsten bergesschlüpfen.

Der boden schüttert weiss und weich wie molke.
Ich steige über schluchten ungeheuer,
Ich fühle wie ich über letzter wolke

In einem meer kristallnen glanzes schwimme -
Ich bin ein funke nur vom heiligen feuer
Ich bin ein dröhnen nur der heiligen stimme.


Stefan George 



Der Text zu Zemlinskys Maiblumen


Maiblumen blühten überall;
er sah mich an so trüb und müd.
Im Faulbaum rief eine Nachtigall:
die Blüte flieht! die Blüte flieht!
Von Düften war die Nacht so warm,
so warm wie Blut, wie unser Blut;
und wir so jung und freudenarm.
Und über uns im Busch das Lied,
das schluchzende Lied: die Glut verglüht!
Und er so treu und mir so gut.

In Knospen schoß der wilde Mohn,
es sog die Sonne unsern Schweiß.
Es wurden rot die Knospen schon,
da wurden meine Wangen weiß.
Ums liebe Brot, ums teure Brot
floß doppelt heiß ins Korn sein Schweiß,
der wilde Mohn stand feuerrot;
es war wohl fressendes Gift der Schweiß,
auch seine Wangen wurden weiß,
und die Sonne stach im Korn ihn tot.

Richard Dehmel